Helfen Beispiele bei Entscheidungen?
Derzeit toben ja die Diskussionen zwischen den Fronten der Maskenbefürworter und ‑gegner. Eben habe ich die Folge von Markus Lanz vom 8. Oktober 2020 angesehen. Darin diskutiert der Journalist Joachim Huber mit, der eine sehr harte Corona-Variante erlebt hat, mit Intubation, fünf Wochen Koma und 25 Kilo Muskelmasseverlust. Natürlich hat er mehr als Respekt vor so einer Krankheitssituation — und auch vor dem Virus. Es wird dramatisch geschildert, die Eintrittsstelle der Beatmungsanlage fühlte sich an wie ein Einschussloch und so weiter. Das muss ein schreckliches Erlebnis für ihn gewesen sein, keine Frage. Doch nun das große Aber dazu.
Leider neigen wir eher dazu, in die Angst zu gehen als in die Zuversicht. Ich weiß nicht, ob das eine Folge davon ist, dass sich die meisten Menschen auf Berichte und Erlebnisse der dunklen Seite orientieren. Warum wären sonst die Nachrichten gespickt von Schrecklichem und warum führen sonst Autofahrer bei einer Unfallstelle langsamer, um mehr mitzubekommen. Ich hatte selbst vor wenigen Jahren einen Unfall, dem vier Wochen Koma folgten, ebenfalls mit Beatmung, Ausfall der Nierenfunktion und Muskelverlust. Ich will damit nur sagen, dass ich mitreden kann. Was sagt uns aber so ein Erlebnis?
Dass der Virus gefährlich ist und dass man sich besser nicht auf die Straße begeben sollte, weil man sonst niedergefahren werden kann? Ich denke nicht. Es sagt uns nicht mehr und nicht weniger, als dass eine ganz bestimmte Person ein individuelles Erlebnis hatte. Dieses Erlebnis war für genau diese Person gedacht, so, wie das Schicksal für jeden von uns maßgeschneiderte Erlebnisse parat hat. Ist es hilfreich, solche Beispiele für eine Entscheidung, ob man sich — in diesem Fall — für oder gegen Masken entscheiden soll? Ich denke genauso wenig, wie mein Unfall ausschlaggebend dafür sein sollte, ob man mit dem Motorroller ein Päckchen auf die Post bringt.
Die Giraffe mit ihrem Wolkenschal gefällt mir sehr gut für diesen Artikel, denn sie zeigt, wie schwer man sich tut, alles um sich herum zu sehen, wenn man einerseits den Blick in weite Ferne seiner Gedanken, und Gefühle richtet und vor allem der Halskrause wegen gar nichts genau wahrnehmen kann, was um — und in — einem aktuell vorgeht. Ich finde diese Szene als ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, ein gutes Verhältnis mit der eigenen Wahrnehmung aufzubauen, anstatt sich durch Schreckenserlebnisse Einzelner verwirren zu lassen.