Wenn ich von Geburt rede, dann stellen Sie sich vermutlich den Vorgang vor, wenn ein Baby auf die Welt kommt. Dieses Geschehen meine ich jetzt aber nicht, sondern unsere geistige Geburt, also die Geburt unseres eigentlichen Ichs — und damit die Antwort auf die Frage: ›Woher kommen wir eigentlich?‹
Im Schicksalsartikel ›Dichte‹ habe ich ja bereits kurz angesprochen, dass unsere geistige Heimat weit unterhalb des Göttlichen und auch des Urgeistigen liegt, an der unteren Grenze des Geistigen, aber auch sehr weit entfernt von unserem jetzigen, physischen Aufenthaltsort. Dort oben waren wir einst gelandet als Geistesstaub, als Samenkörner, die zu einem geistig-bewussten Wesen heranreifen konnten. Wir sind damals also aus dem allerletzten und schwächsten Niederschlag geistiger Beschaffenheit entstanden, unfähig, uns aus uns selbst heraus zu entwickeln.
Die Geistsamenkörner sinken aus der geistigen Sphäre in einen Ring aus Wesenhaften, wo sie von weiblichen Wesen in Empfang genommen werden und in einen wesenhaften Mantel gehüllt werden. Von dort aus werden sie, noch völlig unbewusst schlummernd, abwärts an andere weibliche Wesenheiten weitergegeben, die sich bereits näher an der feinstofflichen Sphäre befinden. Wieder erhalten sie eine Hülle und sinken nun weiter bis an die obere Grenze der Feinstofflichkeit, der obersten Grenze der Stofflichkeiten. Diese Sphäre könnte man auch als die seelische Sphäre bezeichnen. Hier erwarten sie wieder andere Wesen, unter denen erstmals auch männliche zu finden sind. Es bedeutet dieser Ort einen großen Wendepunkt, denn die schon mehrfach umhüllten Geistsamenkerne bleiben nun sozusagen — wie ein Samen in der Erde — in der oberen Schicht der Feinstofflichkeit stecken. Damit ist dem völlig unbewussten Dahintreiben vorerst ein Ende gesetzt. Bei dem uns bevorstehenden Aufstieg wird uns diese Sphäre unsagbar schön erscheinen. In seinem Buch Im Lichte der Wahrheit schreibt Abd-ru-shin über diese Ebene:
»Sie erscheint dem Menschengeiste bei dem Aufstiege schon unermesslich hoch und wunderbar in ihrer Schönheit. Von mildem Lichte übergossen, liegt sie vor den Blicken, von einem Lichte, welches mild erscheint und doch viel heller ist als unser Sonnenschein hier auf der Erde. Die Strahlen sind erweckend, fördernd, stärkend.
Die Ebene scheint eine einzige, endlose Gartenanlage zu sein. Ein blühender Garten reiht sich bis in unabsehbare Fernen an den anderen, erfüllt von schönen Blumen aller Größen und auch vieler Farben, betreut von zarten Wesenheiten, behütet und bewacht von ernsten, männlichen Gestalten, die ordnend, wachend, sichtend durch die Reihen schreiten.
Blühende Lauben stehen ringsumher, zur Ruhe und Erholung ladend und zum stillen, dankbaren Insichgehen.«
Wirkt ziemlich paradiesisch, finden Sie nicht auch? Der Boden hier ist die Feinstofflichkeit, in die der Same aus dem geistigen Reich gesunken und liegen geblieben ist. Die äußere Hülle, die er erhalten hat, entwickelt sich zu einer Knospe, die innere Hülle zu einem kleinen Körper in Menschengestalt. Diese Gestalt deshalb, weil sie durch das Durchglühen des Geistigen in dieser Form entstehen muss. Der Geist selbst nimmt aber erst später eine mehr oder weniger schöne menschliche Form an, je nach seinem Wollen.
Der Knall des Aufbrechens der Knospe, in der er herangereift ist, erweckt den Menschengeistsamen zum Daseinsbewusstsein. Erst viel später kommt er im Laufe seiner Entwicklung zum Sichselbstbewusstsein.
Durch den Drang zur Entwicklung sinkt der umhüllte Menschengeist, den man nun als ›Menschenseele‹ bezeichnen kann, nun tiefer in der feinstofflichen Sphäre. Irgendwann kommt es dann zur ersten Inkarnation in die grobe Stofflichkeit.
Damit jeweils der Schritt von einer Sphäre in eine schwerere überhaupt möglich wird, ist es notwendig, dass sich die unterste Energie der höheren, abgebenden Sphäre und die oberste der tieferen, empfangenden möglichst ähnlich sind. Denn die Verbindung, die durch das Umlegen einer schwereren Hülle stattfindet — sowohl weit oben, als der Geist seine ersten Hüllen erhielt, und so zur Menschenseele wurde, als auch später, das ›Schlüpfen‹ in den grobstofflichen Körper — kann man als ›magnetisch‹ bezeichnen. Es ist also keine Verbindung wie das Orange, das auf der Palette eines Malers durch Mischen von Rot und Gelb entsteht, sondern eher mit einer Emulsion vergleichbar, bei der zwei eigenständige Flüssigkeiten miteinander zu etwas Neuem werden, zum Beispiel einer Hautcreme. Dabei behalten aber die Komponenten trotzdem ihre eigenständige Art. Üblicherweise schwimmt Öl auf Wasser. Jedoch durch Rühren oder Schütteln, zuzüglich der Verwendung eines Emulgators, vermischen sich die beiden unterschiedlichen Flüssigkeiten so, dass sie als etwas Neues, anderes erscheinen. Doch selbst die Komponenten von Emulsionen neigen mitunter dazu, sich wieder zu trennen. So kann es schon vorkommen, dass bei einer Creme sich das Öl absondert und wieder seinen natürlichen Platz an der Oberfläche einnimmt.
Bei der Menschenseele in einem grobstofflichen Körper ist das ähnlich. Eine Seele wäre normalerweise nicht in der Lage, einen Körper zu bewegen. Man hört ja immer wieder von Verstorbenen, die jemandem zwar erscheinen, aber selten in der Lage sind, etwas Grobstoffliches zu bewegen. Auch kann man sie nicht physisch berühren. Das ›Emulsionsprojekt Mensch‹ ist dadurch möglich, als die Menschenseele, wenn sie in der Mitte der Schwangerschaft den vorgefertigten Körper zu bewohnen beginnt, über das Blut eine Verbindung eingeht, durch die sie in der Lage ist, sich so intensiv mit ihrer grobstofflichen Hülle zu verbinden, dass man als Mensch meinen könnte, man wäre der Körper selbst — immer wieder staune ich über die Genialität des Universums!
An dieser Stelle vielleicht noch etwas: Das erste Mal konnten Menschenseelen, denen noch keine Bindungen anhafteten, nur in einen Menschenkörper geboren werden, als auch ihre neue Lebensumgebung ähnlich licht und rein war wie sie selbst. Es ist leicht nachvollziehbar, dass die Erde heute nicht mehr die dafür mögliche Umgebung bietet. So werden schon sehr lange keine neuen Seelen mehr hierher geboren.
Die Zunahme der Bevölkerung hat einen ganz anderen Grund. Da sich dieser Schöpfungsteil aktuell in einer Endphase befindet, besteht im sogenannten Jenseits, also der seelischen Sphäre, ein großes Drängen, noch einmal zu inkarnieren, um hindernde Bindungen auflösen zu können. Denn ohne die Auflösung ist es einem Menschengeist nicht möglich, wieder aufzusteigen, nicht einmal zu seinem Ursprung. Während früher die Intervalle zwischen Inkarnationen Jahrhunderte oder länger währten, kann es jetzt sein, dass wenige Tage dazwischen liegen. Durch die zunehmende Inkarnierungsdringlichkeit und die so immer kürzer gewordenen Intervalle entsteht auf diese Weise das Bild von einer wachsenden Bevölkerung. Dabei werden lediglich die Abstände zwischen den Inkarnationen geringer.
Ein wenig haben wir nun gehört, wie unsere eigentliche, die geistige Geburt erfolgt ist und wie sie zusammenhängt mit unserer irdischen. Vermutlich sind einige Fragen entstanden, etwa, warum dieser doch komplexe Vorgang so ist und nicht anders und, vor allem, was dabei unsere grobstoffliche Erde für eine Rolle spielt. Damit hängt auch das große Warum, also die Frage nach dem Sinn zusammen. Um die einzelnen Artikel nicht zu lang werden zu lassen, kommen diese Antworten im nächsten der Reihe Schicksal mit dem Namen ›Sinn‹.